Pheaton - 2nd Era

Part 7

 Der Tag bricht gerade an, als sich Thorbrandt mühsam aus den Trümmern seiner Herberge ins Freie gräbt.
 "Dieser dreimal verfluchte Dämon!", schimpft er. Seine Kleidung ist vom Feuer fast vollständig aufgefressen worden, doch Haut und Haare sind nur von der Asche verdreckt. Der alternde Krieger klopft sich den Staub ab und hebt einen schweren Balken zur Seite. Darunter liegt der Ritter, mit dem er sich bis zum Ende noch duelliert hatte.
 "Und du hättest auf mich hören sollen, dann wären vielleicht noch alle am Leben."
 Seufzend macht er sich daran Trümmerteil um Trümmerteil beiseite zu räumen.

 Einige Stunden später hat er die Luke zum Keller freigelegt. Sie besteht aus schwerem Gußeisen und wurde deshalb vom Feuer nicht angegriffen. Beherzt greift Thorbrandt den noch heißen Ring und zerrt daran. Knirschend gibt die Luke nach. Ein Schwall übler Luft strömt ihm entgegen, seine gelagerten Vorräte haben durch die oben herrschende Hitze stark gelitten.
 "Ein Glück, daß das Öl nicht Feuer gefangen hat...", murmelt er und steigt hinunter. An einer Seite der Treppe hängt eine erloschene Öllaterne. Mit einem glimmenden Span ist sie schnell entzündet und Thorbrandt sieht sich in dem unterirdischen Lager um.
 Die meisten Lebensmittel sind unbrauchbar, aber zumindest wird er Proviant für ein oder zwei Tage mitnehmen können. Außerdem das wichtigste: seine Rüstung und Waffen. Natürlich waren jene die mit dem Gebäude vernichtet wurden seine, jedoch nicht die einzigen, mit denen er unzählige Abenteuer erlebt und diverse Drachen erschlagen hatte. Er stößt einen Stapel Kisten um und zerrt die unterste hervor.
 "Ich dachte eigentlich, daß ich die einmal meinem Sohn vermachen würde. Wer konnte ahnen, daß sich keine Misses Drachenthod finden würde."
 Langsam hebt er den Deckel. Darin liegt eine grünlich-schwarz schimmernde Schuppenrüstung. Er streicht vorsichtig über die geschmeidigen Drachenschuppen, die längst nicht so starr und unbeweglich sind, wie es solche aus Metall wären, aber dennoch mindestens so stabil sind.
 Gemächlich legt er die Reste seine Kleidung ab und nimmt ein Stück nach dem anderen aus der Kiste. Unterzeug, das er gleich überzieht, der Harnisch, Arm- und Beinschienen, Handschuhe, Stiefel und der Helm, einem Drachenkopf nachgearbeitet.
 "Nah, den mochte ich sowieso nie." Er wirft ihn achtlos in die nächste Ecke. Dann streift er sich den Harnisch über. "Ein wenig eng. Aber wird schon gehen, bin halt doch ein wenig gemütlich geworden über die Jahre."
 Schließlich nimmt er sein Schwert in die Hand, eine schlicht wirkende Klinge, nur ein Stempel knapp über der Parierstange zeichnet sie als Meisterstück aus einer längst vergangenen Schmiede aus. Schild und Schwertgürtel komplettieren die Ausrüstung.
 Ein wenig später tritt er wieder Freie. Gut gerüstet und bereit den Marsch bis zur Hauptstadt zu unternehmen.

 Am Abend des dritten ereignislosen Tages erreicht er die Tore, die von den Wachen gerade geschlossen werden sollen. Einer der drei Bewaffneten, alle in blauen Waffenröcken und mit langen Hellebarden, wendet sich herum und richtet die Waffe auf Thorbrandt.
 "Halt! Wer seid ihr?"
 "Thorbrandt Drachenthod. Mir gehört, gehörte, die Taverne zur Hauptstadt etwa drei Tagesreisen von hier."
 "Warum tragt ihr eine solche Rüstung, die Vorschriften des Reiches sagen, daß das Tragen von Rüstungen, die schwerer sind als 200 Unzen den Bediensteten des Reiches zugestanden wird!" Die übrigen Wachen werden auch aufmerksam und nähern sich.
 "Laßt dieses Geschwafel, ich habe dringende Nachricht von dem Paladin Hal von Schwertkamm."
 "Was wißt ihr von dem?"
 "Laßt mich zu eurem Vorgesetzen, oder besser gleich durch bis zum Palast. Ich muß so schnell es geht den Erzbischof sprechen."
 Der Bewaffnete und seine Kameraden beginnen zu lachen.
 "Zuerst wird Er diese Rüstung ablegen, ein Wirt soll sich mit seiner Schürze zufrieden geben, das Kämpfen sollte Er jemandem überlassen, der sich damit auskennt."
 "Ich habe nur vor, die Nachricht vom Tod des Paladins zu überbringen. Er wurde von seinem Adjutanten, einem finsteren Dämon, getötet, ebenso wie seine Rittergarde."
 "Und Er ist davon gekommen." Wieder lacht die Mannschaft. "Was sehe ich da? Ein Schwert. Nun das kostet euch bestimmt einige Jahre im Kerker. Kommt her, bevor ihr euch noch damit verletzt."
 "Seht euch vor", warnt Thorbrandt und legt seine Hand auf den Waffenknauf, "Wenn ihr keinen Wert darauf legt, mich passieren zu lassen oder die Nachricht weiterzugeben, dann kann ich nicht mehr für euch tun. Ich weiß nicht, warum es der Paladin so eilig hatte den Erzbischof zu sprechen, und es geht mich sicher auch nichts an. Bevor ich mir jedoch von euch halbstarken meinen Besitz abnehmen lasse, ziehe ich es vor, in der Wildnis zu übernachten." Er wendet sich zum Gehen.
 "Nicht so schnell. Ihr werdet mitkommen und dem Hauptmann vorgeführt." Die drei Wachen richten wieder ihre Hellebarden auf Thorbrandt.
 "Nichts da!" Mit einer blitzartigen Bewegung zieht, er das Schwert, wirbelt herum und zieht die Klinge vor den Dreien vorbei. Dann Klappern die Axtblätter der Hellebarden auf der gepflasterten Straße. "Womit wollt ihr mich jetzt vorführen? Gute Nacht." Die Klinge verschwindet wieder in der Scheide und Thorbrandt marschiert verächtlich schnaubend die Straße wieder hinab.
 Durch den Lärm ist der Hauptmann, welcher sich gerade auf seinem Rundgang befand, aufmerksam geworden. Er hat Thorbrand nicht mehr gesehen, bevor dieser aus dem Schein der Laternen in die Dunkelheit verschwunden ist.
 "Raport!", brüllt er seine Untergebenen an, die fassungslos um die am Boden liegenden Waffenteile herumstehen.
 "Sir, da war ein Krieger, mindestens drei Meter groß, in einer Drachschuppenrüstung und mit einem wahnsinnig großen Schwert, er wollte den Palast angreifen, natürlich haben wir ihn mutig vertrieben, aber leider sind dabei unsere Waffen beschädigt worden..." Der meldende Gardist wird während der Ausführungen immer langsamer und leiser. Dann wird ihm bewußt, das fast alles davon wahr ist. Der Typ hatte eine Drachenschuppenrüstung. Sein Schwert war riesengroß. Gut, er selbst war nicht 3 meter lang aber er überragte die Soldaten doch leicht um einen Kopf. Und er wollte in den Palast.
 "Wirklich.", hat er einen Namen genannt, bevor er vor euch Witzfiguren geflüchtet ist?"
 "Er sagte er wäre der Paladin Hal von Schwertkamm!"
 "Unsinn, Tölpel. Er nannte sich etwas mit Feuer und Drachen.. Turmbrandt oder so..."
 "Thorbrandt Drachenthod?", fragt der Hauptmann ungläubig. "Der Wirt der Herberge? Drei Tagesreisen die Hauptstraße entlang?"
 "Er hatte ein Schwert!"
 "Und eine Drachenschuppenrüstung!"
 "Das ist verboten!"
 "Thorbrandt Drachenthod hat im Drachen-Krieg für den Kaiser gekämpft. Ihr drei solltet froh sein, daß er scheinbar gute Laune gehabt hat."
 "Dann wird er nicht bestraft? Er hat unsere Waffen kaputt gemacht." Doch der Blick des Hauptmannes sagt ihm, daß es auch ihre Köpfe sein könnten die dort auf dem Pflaster liegen, nicht nur die Spitzen ihrer Waffen.
 "Er sagte etwas vom Paladin von Schwertkamm? Es gab eine Depesche, nach der dessen Zug ohne Verzögerung durchgelassen werden sollte. Das gleiche gilt nun für Thorbrandt Drachenthod. Wehe dem, der noch einmal seine Klinge gegen ihn erhebt."
 "Der kommt nicht wieder, der hat genug..." Murmelt der eine Gardist, doch diesmal starren ihn schon seine Kameraden nieder.